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Sanierungsstandards nach StaRUG
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ToggleIDW-Standards schaffen Klarheit
Das zum Jahresanfang 2021 in Kraft getretene und kurz als StaRUG bezeichnete Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen hat in den letzten eineinhalb Jahren sukzessive auch Einzug in die relevanten Sanierungsstandards des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) gehalten. Durch die Berücksichtigung der StaRUG-Neuerungen schaffen die IDW-Standards zusätzliche Klarheit für die Restrukturierungs- und Sanierungspraxis.
Frühzeitig der potentiellen Krise begegnen
Mit dem StaRUG verfolgt der Gesetzgeber abermals das Ziel, Unternehmen mit sich nach und nach verschlechternder Geschäftsentwicklung frühzeitiger von einem potenziellen Krisenpfad abzubringen. Diese Unternehmen sollen durch das StaRUG-Instrumentarium – im Sinne der Gesetzesbezeichnung – rechtzeitig durch gegebenenfalls geeignete Restrukturierungsmaßnahmen stabilisiert werden.
Insbesondere soll vermieden werden, dass wertvolle Zeit für mögliche Gegenmaßnahmen ungenutzt verstreicht und die dann vorzufindende Ausgangssituation nur noch eine „harte“ Sanierung als möglichen Ausweg zielführend erscheinen lässt oder sogar die Einleitung von insolvenzrechtlichen Verfahrenswegen unausweichlich wird.
Diese klare Fokussierung auf frühe Phasen des Abweichens vom Idealpfad hat der Gesetzgeber u.a. dadurch zum Ausdruck gebracht, dass nur Unternehmen, die lediglich nach § 18 InsO drohend zahlungsunfähig sind, den im StaRUG kodifizierten Restrukturierungsrahmen nutzen können.
Prognosezeitraum bei Zahlungsunfähigkeit
In diesem Zuge hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) auch Klarheit darüber geschaffen, welcher Prognosezeitraum zugrunde zu legen ist. Für die drohende Zahlungsunfähigkeit soll dabei in aller Regel ein Zeitraum von 24 Monaten betrachtet werden.
Für die ebenfalls ins Gesetz aufgenommene Konkretisierung des Prognosezeitraums im Hinblick auf die bei bilanziell überschuldeten Unternehmen zur Abwendung einer Insolvenzantragspflicht obligatorische Fortbestehensprognose hält der Gesetzgeber dagegen einen Zeitraum von 12 Monaten für ausreichend.
Anpassung der Sanierungsstandards des IDW
Ausgehend von diesen Rahmenparametern erschließt sich sehr schnell, welche Sanierungsstandards des IDW entsprechend an die neuen gesetzlichen Vorgaben anzupassen sind oder bereits angepasst wurden:
- Der Standard IDW S 11
An erster Stelle steht hierbei der Standard IDW S 11 “Beurteilung des Vorliegens von Insolvenzeröffnungsgründen“, den das IDW bereits am 09. November 2021 in finaler Fassung verabschiedet hat. Da sich der IDW S 11 insbesondere mit der Vorgehensweise zur Beurteilung von Insolvenzeröffnungsgründen beschäftigt, waren die nun gesetzlich konkretisierten Prognosezeiträume für die Beurteilung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit sowie die Ableitung einer Fortbestehensprognose im Falle eines Überschuldungstatbestandes entsprechend in den Standard einzuarbeiten. Ergänzend hat das IDW unter anderem auch neuere BGH-Rechtsprechung zu den Indizien der Zahlungseinstellung in seinen Standard aufgenommen.
- Der Standard IDW ES 9 n.F.
Die im Entwurf vorliegende Neufassung des Standard IDW ES 9 n.F. “Bescheinigung nach § 270d InsO und Beurteilung der Anforderungen nach § 270a InsO” mit Stand vom 09.02.2022 stellt die mit dem ESUG in 2012 geschaffenen Sanierungsinstrumente des Schutzschirmverfahrens sowie des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung in den Fokus.
Da auch das Schutzschirmverfahren nach § 270d InsO nur bei drohender Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung greift, sind die vorgenannten Konkretisierungen der zugrunde zu legenden Prognosezeiträume analog höchst relevant für diese Sanierungsinstrumente. Gleichsam hat das IDW in der Entwurfsfassung auch deutliche Kürzungen im Bereich der Insolvenzeröffnungsgründe vorgenommen, da hier deutliche Doppelungen im Hinblick auf den vorgenannten Standard IDW S 11 bestanden.
Der neue Standard IDW ES 15
Ergänzend zu den vor StaRUG schon bestehenden Standards hat das IDW mit dem IDW ES 15 „Anforderungen an die Bescheinigung nach § 74 Abs. 2 StaRUG und Beurteilung der Voraussetzungen der Stabilisierungsanordnung (§ 51 StaRUG)“, der ebenfalls mit Stand vom 09.02.2022 vorliegt, vor dem Hintergrund der StaRUG-Einführung zusätzlich einen gänzlich neuen Standard geschaffen.
Der IDW ES 15 nimmt dabei zwei konkrete Aspekte des StaRUG in den Fokus:
- So definiert der Standard grundlegend, welche Anforderungen an den zu beauftragenden Gutachter, die von ihm durchzuführenden Tätigkeiten sowie die von ihm zu erstellenden Bescheinigungen zu stellen sind.
- Zusätzlich ordnet der IDW ES 15 die unterschiedlichen, im Gesetz genannten betriebswirtschaftlichen Konzepte (u.a. Restrukturierungskonzept, Restrukturierungsplan) sowie deren Fortentwicklung im Verfahrensablauf vom Grob- hin zum Vollkonzept ein. Dabei zieht der Standard hilfreiche inhaltliche Parallelen zu schon bekannten Sanierungsinstrumenten wie beispielsweise dem Sanierungsgutachten nach IDW S 6 und stellt gleichzeitig klar, welche Anforderungen im Hinblick auf Vollständigkeit und Schlüssigkeit der Unterlagen oder auch mögliche Ausschlusstatbestände zu beachten sind.
Für die beiden bisher nur als Entwurf vorliegenden Standards IDW ES 9 n.F. und IDW ES 15 empfiehlt das IDW eine vorzeitige Anwendung. Grundlegend ist dieses Vorgehen aus Sicht der Sanierungspraxis zu begrüßen, um auch in Schieflage geratenen Unternehmen und hierbei insbesondere den diese in Restrukturierungsphasen begleitenden Beratern frühzeitig nachvollziehbare Arbeitshilfen an die Hand zu geben.
Akzeptanz der Konzepte steigt
Mit Beachtung der vom IDW aufgezeigten Verfahrensvorgaben steigt letztendlich auch die Akzeptanz der Konzepte bei Gläubigern, aber gerade auch bei gerichtsseitigen Zustimmungserfordernissen wie beispielsweise der Stabilisierungsanordnung innerhalb des neuen StaRUG. Damit haben auch bei diesen neuen Sanierungsinstrumenten die Qualität der Unterlagen und die nachhaltige Umsetzbarkeit der Konzepte maßgeblichen Einfluss auf den abschließenden Sanierungserfolg.
Autor: Marc Ackermann