Effektiver Wissenstransfer in KMU durch Digitalisierung

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Die Aufbereitung und langfristige Sicherstellung von unternehmensinternen Prozessabläufen in digitaler Form stellt viele KMUs vor eine Herausforderung. Eine hilfreiche Übersicht zentraler Werkzeuge finden Sie in diesem Beitrag.

KMU-Berater Dr. Jörg Rupp beschreibt in seinem Beitrag wichtige Werkzeuge für den Wissenstransfer in kleinen und mittleren Unternehmen.

Effektiver Wissenstransfer in KMU durch Digitalisierung

Viele KMU verfügen über ein enormes Wissen, das in langer Praxis erworben wurde. Häufig ist dieses Wissen jedoch nur isoliert in den Köpfen einzelner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorhanden oder lagert in verschachtelten Dateisystemen, Excel-Listen oder Word-Dokumenten. Das vorliegende Know-how gerät im hektischen Arbeitsalltag in Vergessenheit und kann im Bedarfsfall nur mit hohem Zeitaufwand gefunden und genutzt werden. Gleichzeitig wird die Menge an Wissen immer größer und damit ist es immer schwieriger, die relevanten Informationen herauszufiltern. Um diese Herausforderungen erfolgreich zu lösen, gibt es verschiedene Werkzeuge, mit denen Wissen effektiv im Unternehmensalltag verwertet und auf andere Mitarbeiter transferiert werden kann.

Internes Wiki

Um Informationen zu immer wiederkehrenden Prozessen möglichst vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Unternehmen zugänglich zu machen, empfiehlt sich die Einrichtung eines internen Unternehmenswikis. Auch Tipps und Tricks sowie Hilfestellungen zum täglichen Arbeiten und häufig gestellte Fragen (FAQs – Frequently Asked Questions) können hier gesammelt werden.
Wichtig ist, dabei Anreize für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schaffen, damit das System tatsächlich befüllt und genutzt wird. Weiterhin sollten im Voraus einfache und klare Regeln für die Eintragung von neuen Informationen definiert werden. Dies ist notwendig, um Redundanzen im System zu vermeiden.                                                                                                                                         Sind die Kriterien und Prozesse festgelegt, nach denen das System benutzt wird, kann auf dieser Basis die Auswahl einer geeigneten Software erfolgen. Hier gibt es zahlreiche Open-Source-Anwendungen, so dass die Lösung auch mit kleinem Budget eingeführt werden kann.

CRM – Customer Relationship Management

Um anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Unternehmen das Wissen zu Kundendaten und Vertriebsaktivitäten zugänglich zu machen, ist eine zentrale Datenbasis erforderlich. Auf dem Markt gibt es eine kaum überschaubare Fülle an Lösungen. Teilweise werden sie in einer Cloud betrieben, teilweise werden sie vor Ort im Unternehmen installiert. Für KMU ohne eigene IT-Abteilung bieten sich gehostete Cloud-Lösungen an, die vom Softwareanbieter betrieben und gewartet werden. Die Datensicherheit kann durch entsprechende Verschlüsselungen, eine ISO-Zertifizierung des Cloud-Anbieters (ISO 27001) und einen ausgewiesenen Serverstandort sichergestellt werden. Die Einführung eines CRM-Systems bedeutet einen hohen Aufwand für das Personal. Wird eine auf das Unternehmen und seine Prozesse passende Lösung ausgewählt, amortisieren sich diese Kosten jedoch sehr schnell. Dabei ist es wichtig, sich nicht in Technikverliebtheit zu verlieren und die Kernanforderungen im Blick zu behalten.
Zunächst sollten Unternehmen ihre Anforderungen genau sammeln und formulieren (z.B. gruppiert nach Stammdaten, Bewegungsdaten, Prozessen einzelner Abteilungen). Je nach Umfang der Anforderungen ist auch eine Gewichtung sinnvoll: Das heißt es wird festgelegt, welche Anforderungen

  • absolut notwendig und damit K.O.-Kriterium sind,
  • welche Anforderungen weniger wichtig und evtl. verzichtbar sind
  • welche Anforderungen „Spielerei“ bzw. „nice to have“ sind, aber kaum Zeit- oder Kostenersparnis bringen.

Insbesondere bei Spezialanforderungen, die in den gängigen Standardlösungen nicht abgebildet werden können, ist die Gefahr des Scheitern eines CRM-Projekts hoch: Die Kosten für Anpassungen potenzieren sich und eine erschwingliche Lösung rückt in weite Ferne. Tritt dies ein, empfiehlt es sich, direkt in der favorisierten CRM-Lösung die eigenen Prozesse nochmals durchzutesten und zu überdenken, ob Anforderungen verzichtbar  oder einfacher beziehungsweise auf anderen Wegen umsetzbar sind. Oftmals ist es auch sinnvoll, beim CRM-Anbieter nach entsprechenden Anpassungsmöglichkeiten zu fragen. So können Systeme, die zunächst unpassend erscheinen, eventuell doch eingesetzt werden.

Digitaler Vertrieb

Mit dem CRM-System werden die Daten von Kunden und Interessenten gesammelt und genutzt. Um neue Interessenten-Adressen zu generieren, können Unternehmen ihr Wissen im Sinne eines „Wissenstransfers nach außen“ sehr gut einsetzen. Dazu empfehlen sich der Aufbau von Unternehmensblogs und die Optimierung für die Auffindbarkeit bei Google. In Blogs kann das Wissen des Unternehmens als Blogartikel und über thematische Internetseiten (Landingpages) dargestellt werden. Sie wirken wie ein „Teaser“, ein Appetitanreger, auf potentielle Kunden. Interessenten werden über die Blogs auf das Unternehmen aufmerksam, können sich von der Expertise des Unternehmens überzeugen und Kontakt aufnehmen. Werden dabei die relevanten Suchbegriffe, nach denen potentielle Kunden das Internet durchsuchen, in die Blogbeiträge eingebaut, steigt parallel die Auffindbarkeit bei Google. Der Wissenstransfer erfolgt damit nach außen und generiert neue Kontakte und in der weiteren systematischen Verfolgung dieser Kontakte neue Kunden.
Ergebnisse aus Forschungs- und Entwicklungsprojekten Wissenstransfer nach außen und innen findet für KMU auch bei der Durchführung von Forschungs- und Entwicklungsprojekten in Kooperation mit Forschungseinrichtungen oder anderen Unternehmen statt. Dies ist besonders bei geförderten Projekten mit Zuschüssen von Bund, Ländern oder EU der Fall. Auch hier kann mit digitalen Werkzeugen der Wissenstransfer gestärkt werden. Dazu ist zunächst die Projektmanagement-Software zu nennen. In den letzten Jahren sind hier zahlreiche neue, günstige und einfach zu bedienende Collaboration-Tools entstanden. Sie erlauben das gemeinsame Arbeiten an Dokumenten und das sichere Teilen von Projektunterlagen mit Externen und Kollegen. Oftmals enthalten sie auch Komponenten eines CRM-Systems. Gemeinsame Checklisten für die Vorbereitung von FuE-Projekten können als Vorlage digital hinterlegt und für jedes neue Projekt einfach kopiert und sofort genutzt werden. Für KMU ist es wichtig zu klären,

  • ob diese Tools als Insellösungen eingesetzt werden, das heißt ohne Verbindung zu bestehenden IT-Systemen wie CRMs oder Projektmanagement-Software
  • oder ob sie in die gesamte Unternehmens-IT integriert werden.
Fazit

Wichtig ist, die genannten Werkzeuge gezielt einzusetzen statt umfassende und komplexe IT-Projekte aufzusetzen (was dann auch sehr schnell sehr teuer wird). KMU sollten genau überlegen, wo die eigene Wertschöpfung liegt und Schritt für Schritt in genau diesen Bereichen die Digitalisierung des Wissenstransfers vorantreiben. Sind die Mitarbeiter nach den ersten Schritten „auf den Geschmack gekommen“ und merken, dass ein neues System den Arbeitsalltag erleichtert, werden auch weitere Digitalisierungsschritte und neue Werkzeuge angenommen und verwendet. Dadurch werden Prozesse schneller, Kosten gespart und die Generierung neuer Interessentenkontakte schlanker. Fehlinvestitionen in teure Software oder digitale Vertriebsprozesse, die später keiner nutzt, werden vermieden.