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Homeoffice und Co: „Neuer Reifegrad erreicht“
Corona und neue Arbeitsformen
Corona hat die Unternehmen zum Handeln gezwungen und ein breites Umdenken eingeleitet. Martina Rau vom Verband „Die KMU-Berater – Bundesverband freier Berater e.V.“ sieht darin große Chancen. Zugleich warnt sie davor, die menschliche Natur und ihren Hang zum persönlichen Kontakt zu unterschätzen.
„Nach Corona wird nichts mehr so sein, wie es einmal war.“ Diesen Satz hört man immer wieder, nicht zuletzt im Zusammenhang mit neuen Arbeitsformen wie Homeoffice etc. Sind Sie auch dieser Meinung?
Martina Rau: Welchen Zustand wir genau „nach Corona“ haben werden, kann derzeit noch niemand sagen, weil wir uns weiterhin mitten in der Pandemie befinden. Vielleicht wird es den „Tag X“ auch niemals geben und wir müssen lernen, dauerhaft mit Corona zu leben. Was man aber definitiv schon heute, nach dem großen Lockdown in Deutschland, feststellen kann, ist, dass die Unternehmen in Summe einen anderen Reifegrad bezüglich neuer Arbeitsformen erreicht haben.
Was genau meinen Sie damit?
Martina Rau: Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich berichten, dass noch vor wenigen Monaten bei vielen Mittelständlern eine gewisse Ablehnung zu spüren war, wenn es um neue Kommunikationsformen ging. „Geh’ mir bloß weg mit digitalen Themen“ – diese Haltung habe ich selbst bei größeren Firmen festgestellt. Als der Lockdown sie dann zum Handeln zwang, waren sie logischerweise nicht begeistert.
Inzwischen aber ist der Wandel spürbar. Und das nicht nur in technischer Hinsicht, sondern auch in menschlicher: Erfolgreiches Kommunizieren über die einschlägigen Plattformen braucht ein gewisses Umdenken. Für mich ist es zum Teil ein Déjà-vu. Vieles habe ich so bereits in den „Nuller-Jahren“ erlebt. Da hatten wir die Diskussion ja schon einmal. Da ging es um die Zusammenarbeit virtueller Teams.
Wie war das damals genau?
Martina Rau: Damals hingen vor allem die Konzerne der Vorstellung an, sie könnten wirklich alles online abwickeln – und das „around the globe“. Dabei haben die Verantwortlichen aber einen wichtigen Faktor übersehen, nämlich die menschliche Natur. Genauer gesagt: die zwischenmenschliche Natur.
An der hat sich aber doch durch Corona nichts geändert, oder?
Martina Rau: Nein, natürlich nicht. Was sich in den vergangenen 20 Jahren geändert und verbessert hat, ist die Technik. Sie ermöglicht es uns heute, auf der Sachebene gut am Bildschirm miteinander zu kommunizieren. Die Beziehungsebene wird dabei aber ausgeblendet. Sie braucht meiner Ansicht nach den persönlichen Kontakt. „An“ und „aus“, „schwarz“ und „weiß“ funktioniert zwischen Menschen bekanntlich überhaupt nicht. Da kommt es auf die Grautöne an. Man könnte auch sagen: auf die Zwischentöne. Und die hört man nicht so gut via Skype und Co. Schon damals hat man gelernt: Virtuelle Teams sind nur dann nachhaltig erfolgreich, die sich auch mal physisch kennengelernt haben.
Sie plädieren also für hybride und flexible Formen?
Martina Rau: Ich halte einen gesunden Mix in der Tat für die beste Variante: Homeoffice und Präsenz im Büro sollten keine „Entweder-oder-Varianten“ sein.
Welche Chancen und Risiken sehen Sie für KMUs?
Martina Rau: Durch einen vermehrten Einsatz von digitaler Technik für die Zusammenarbeit werden zweifellos viele Vorteile entstehen. Gerade KMUs können so Ressourcen sparen, indem sie beispielsweise Mitarbeiter zusammenbringen, die physisch gerade weit voneinander entfernt sind. Die erste Kontaktaufnahme mit Bewerbern, um ein weiteres Beispiel zu nennen, lässt sich digital abbilden. Außerdem kann man schnell in Kontakt mit bestehenden und potenziellen Kunden treten. Das große „Aber“: Neben der Frage nach den Ressourcen muss die Beziehung zu Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten zwingend in die Entscheidung einfließen, wie künftig zusammengearbeitet und kommuniziert wird. Sparen ja, aber nicht durch Vernachlässigung der Beziehungsebene.
Welche Rolle spielt der durch die Krise ausgelöste Wandel eigentlich für Ihre eigene Branche?
Martina Rau: Ich selbst habe durch die Corona-Krise eine 180-Grad-Wende machen müssen: Vorher habe ich so gut wie nichts virtuell angeboten, es wurde auch nicht nachgefragt. Das hat sich nun geändert. Wir alle, ob Berater, Trainer oder Coaches, müssen auf diesen Zug aufspringen und auch ein Stück weit Vorbild sein.