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Covid-19-Pandemie: Herausforderung und Chance für das Gastgewerbe
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ToggleDr. Hartmut Meyer erläutert im Folgenden die Herausforderungen der Branche und warnt vor einem finanzwirtschaftlichen Selektionsprozess. Gleichzeitig verweist er auf Chancen und Möglichkeiten des Gastgewerbes, gestärkt aus der Krise hervorzugehen.
Die staatlich verordneten Betriebsschließungen können ähnlich tödlich wirken für das Gastgewerbe wie das Covid-19-Virus für uns Menschen selbst. Auch wenn es uns richtig erscheint, dass wir der Gesundheit den Vorrang vor einem wirtschaftlichen Handeln geben, dürfen wir jetzt die Unternehmen nicht einem finanzwirtschaftlichen Selektionsprozess aussetzen.
Marktbedingungen nicht vergleichbar
Ein Umsatz, der im Gastgewerbe nicht stattfand, ist für das Gastgewerbe einfach für alle Zeit verloren. Die kurzfristigen Maßnahmen durch die Gewährung eines Kurzarbeitergeldes und der direkten Zuschüsse sind wie eine Notfallmedizin zum Überleben zu betrachten. Aber 50% der Gesamtkosten in der Gastronomie sind Fixkosten, die jetzt zu hohen Verlusten führen.
Kampf scheint aussichtslos
Die Maßnahmen der Bundesregierung zur Kompensation der Verluste und zum Erhalt der Liquidität sind aber an Bedingungen geknüpft, die teilweise diesen Kampf aussichtslos erscheinen lassen. Unabhängig davon, ob nun eine Haftungsbeteiligung durch die Geschäftsbanken gefordert wird oder nicht, steht immer eine Bedingung im Raum, die besagt, dass das Unternehmen am 31.12.2019 nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten war.
Aber zu viele Unternehmen in der Gastronomie haben vor der Krise nur knapp überlebt und werden genau diese Bedingung nicht erfüllen. Somit ist es nicht verwunderlich, dass die derzeitigen Prognosen besagen, dass 30 – 40% diese Krise nicht überleben werden. Dies betrifft in Deutschland 90.000 Unternehmen und ca. 1 Mio. Beschäftigungsverhältnisse, die jetzt auf dem Spiel stehen. (Stand: Dehoga Zahlenspiegel auf der Basis eines wettbewerbsorientierten Marktes). Um genau diese Unternehmen geht es, die nun mit dem Argument der Marktselektion keine Chance mehr bekommen sollen.
Selektionsprozess ohne Wettbewerb
Die Szenarien, die sich derzeit aufzeichnen, erscheinen für das Gastgewerbe wie ein staatlich verordneter finanzwirtschaftlicher Selektionsprozess, der sich nicht mit dem Gedankengang eines wettbewerbsorientierten Marktselektionsprozesses vereinen lassen. Dabei wird derzeit in der Argumentation außer Acht gelassen, dass ein Marktselektionsprozess immer nur unter normalen Marktbedingungen stattfinden kann und ein einzelbetriebliches Verhalten bewertet.
Kredite verschlechtern die Lage
Auf der anderen Seite ist aber auch schon jetzt klar, dass diese zusätzlichen Kredite für viele Unternehmen wie ein Sterben auf Raten sein werden, da sich damit die finanzwirtschaftliche Situation auf lange Zeit deutlich verschlechtert. Die Ertragslage im Gastgewerbe erlaubte vielen Unternehmen kaum, Rücklagen aufzubauen bzw. nachhaltig in ihre Wettbewerbsfähigkeit zu investieren.
Forderungen der Unternehmen und deren Branchenvertreter zur Schaffung von fairen Wettbewerbsbedingungen wie z.B. Eindämmung der Schwarzgastronomie, gleiche Besteuerung des Essens mit 7% Umsatzsteuer zur Reduktion von Wettbewerbsverzerrungen oder Anpassung der Regelungen zum Mindestlohn auf den Charakter des Gastgewerbes wurden zu lange auch von der Politik ignoriert. So fühlt es sich nun für das Gewerbe fast wie eine Ohrfeige an, wenn auf der einen Seite Kredite aufgrund einer mangelnden Kapitaldienstfähigkeit versagt werden obwohl sie trotz der ungleichen Marktbedingungen ohne diese Krise weiter existiert hätten.
Faire Bedingungen schaffen
Zwar kann niemand von einem Steuerzahler eine Grundsanierung der Branche verlangen, aber in der Kombination von zukünftig fairen Marktbedingungen und Liquiditätshilfen können faire Bedingungen geschaffen werden. Vielmehr sollten jetzt die Folgen der Covid-19-Pandemie für eine nachhaltige Sanierung und Restrukturierung der Unternehmen im Gastgewerbe genutzt werden. Hierzu wird auch dem Gastgewerbe eine 100%ig geförderte Beratung angeboten, um jetzt an einer nachhaltigen Wettbewerbsfähigkeit zu arbeiten.
Somit wäre es jetzt der richtige Weg, vom Gesetzgeber zu fordern, dass Unternehmen mit vorab definierten wirtschaftlichen Schwierigkeiten die Chance von Liquiditätskrediten unter der Auflage einer zusätzlichen Fortführungsprognose bekommen sollten. Eine solche Prüfung hat die Klärung zum Inhalt, ob das Unternehmen grundsätzlich marktfähig und wettbewerbsfähig ist. Dies wäre jetzt der Situation angepasst und erlaubt Einzelfallentscheidungen für Unternehmen, die unverschuldet in diese Situation gekommen sind.
Insolvenzrecht als Sanierunginstrument nutzen
Wir sollten jetzt aber auch den Mut haben, das heutige Insolvenzrecht stärker als ein Sanierungsinstrument zu nutzen. Wir haben bereits in Deutschland ein sehr gutes Insolvenzrecht, dennoch nutzen die Akteure die Möglichkeiten, wie z.B. Schutzschirmverfahren und Eigenverwaltung des Gesetzes bisher nicht. Hierzu sollten die Hürden in diesem Gesetz gesenkt werden, damit Unternehmer stärker das Zepter selbst in die Hand nehmen können und um das Unternehmen unter der Hilfestellung von Experten neu aufzustellen. Die Liquiditätsprogramme sollten dann später zur Finanzierung von Insolvenzplänen und einem Neustart geöffnet werden. Eine solche Vorgehensweise würde auch das Risiko für den Steuerzahler deutlich reduzieren.
Chancen in der Krise nutzen
Die Gastronomie ist ein Herzstück unseres gesellschaftlichen Lebens. Ohne die vielen kleinen Cafés, Restaurant oder Bars in unserem direkten Lebensumfeld verlieren wir Lebensqualität. Über 90% der gastronomischen Unternehmen haben am Ende grundsätzlich ein erfolgreiches Marktmodell. Somit wäre es sicherlich falsch, jetzt einen gesellschaftlichen Selektionsprozess zu beginnen, die nicht auf ein Handeln eines Unternehmers zurückzuführen ist. Die Kombination von Wissen und Finanzmitteln kann aber deutlich die Ausfallquote senken. Die Berichterstattung gegenüber dem Gastgewerbe ist seit langem positiv und somit sollten wir jetzt diese Chance nutzen und am Ende gestärkt aus der Krise hervorgehen.