Bewertung von halbfertigen Arbeiten in Kleinunternehmen der Bauwirtschaft

Bewertung von halbfertigen Arbeiten in Kleinunternehmen der Bauwirtschaft
Der Artikel beleuchtet die Eignung von Hilfskonstruktionen zur Bewertung unfertiger Arbeiten und zeigt Probleme und Lösungsansätze auf.
Bauwirtschaft, Problemstellungen & Praxishinweise

Problemstellungen und Praxishinweise

Im Baugewerbe tätige KMU haben zum Zeitpunkt der Jahresabschlusserstellung häufig halbfertige Arbeiten. Deren Bewertung in der Bilanzierung gestaltet sich meistens problematisch, da entweder falsche Annahmen getroffen oder falsche Methoden verwendet werden. Dieser Artikel beleuchtet die Eignung von „Hilfskonstruktionen“ zur Bewertung unfertiger Arbeiten in Kleinunternehmen der Bauwirtschaft und zeigt anhand von Beispielen Probleme und Lösungsansätze auf.

KMU und ihre Bilanzierung in der Bauwirtschaft

Kleinunternehmer in der Bauwirtschaft zeichnen sich im Normalfall dadurch aus, dass die Buchhaltung und die Lohnabrechnung beim Steuerberater erstellt werden. Dies gilt auch für die Jahresabschlüsse. Kostenrechnungssysteme, die häufig in die Buchhaltungen integriert werden können, sind in den Unternehmen in der Regel nicht vorhanden.

Als Kleinunternehmen oder KMU bezeichnen wir im Folgenden die typischen Handwerksbetriebe, die am Bau tätig sind. Dazu gehören der Erd- oder Rohbauer, aber genauso Elektriker oder Metallbauer, Schreiner oder Fliesenleger.

Unternehmensberater werden häufig dann in Unternehmen gerufen, wenn die Unternehmer, die Banken oder der Steuerberater Handlungsbedarf erkennen. Um hier richtige betriebswirtschaftliche Empfehlungen zu geben, sind sie auf eine gute Qualität des vorhandenen Zahlenwerks angewiesen.

Probleme bei den Kalkulationen zu Bauvorhaben

Gängige Praxis ist, dass die Kalkulationen zu einzelnen Bauvorhaben von den Unternehmen auf Vollkostenbasis erstellt werden. Die damit getroffenen Implikationen sind den Unternehmern in der Regel nicht bewusst. Dies hat zur Folge, dass die Unternehmer eine „normale“ Auslastung und eine „normale“ Materialeinsatzquote sowie „normale“ Zuschläge auf diese Materialeinsatzquote unterstellen.

Ein weiterer Schwachpunkt ist, dass Nachkalkulationen in diesen Unternehmen in der Regel nicht stattfinden. Also auch in der ex-post-Betrachtung findet keine Gegenüberstellung von Kalkulation und tatsächlichen Kosten statt.

Bewertung unfertiger Arbeiten im Baugewerbe schwierig

Dies ist nun die Situation, der sich die Bilanzierer am Jahresende gegenübersehen, wo es zwar eine Vielzahl von Einzelfaktoren gibt, wo aber der Unternehmer kaum in der Lage ist, seine halbfertigen Arbeiten zu bewerten.

In der Praxis haben sich daher einige „Hilfskonstruktionen“ zur Bewertung der halbfertigen Arbeiten herausgebildet. Diese sollen im Folgenden kurz erläutert werden.

Probleme bei den Kalkulationen zu Bauvorhaben

Hilfskonstruktionen zur Bewertung halbfertiger Arbeiten

Hilfskonstruktion 1: Erhaltene Abschläge = Halbfertige Arbeiten

Eine weit verbreitete Methode in der Bauwirtschaft besteht darin, die erhaltenen Abschlagszahlungen direkt mit den halbfertigen Arbeiten gleichzusetzen. Hierbei ist jedoch grundsätzlich kritisch anzumerken, dass zunächst geprüft werden sollte, ob in den Abschlagszahlungen auch Vorauszahlungen enthalten sind. Zudem ist zu beachten, dass der Zahlungsstand eher „zufällig“ von den vereinbarten Zahlungszielen sowie vom Verhalten der Auftraggeber abhängt und daher keine vollständige Aussagekraft über den tatsächlichen Wert der halbfertigen Arbeiten besitzt.

Darüber hinaus sollte berücksichtigt werden, dass viele Unternehmen ihre Abschlagsrechnungen oft nicht genau zum Stichtag stellen, sondern eher in regelmäßigen Intervallen, beispielsweise monatlich oder nach Abschluss bestimmter, umfangreicherer „Leistungsmengen“. Dadurch entstehen häufig zeitliche Lücken, in denen zusätzliche halbfertige Arbeiten bereits erbracht, jedoch noch nicht in Rechnung gestellt wurden.

Besonderheiten bei Betrieben mit Werkstattfertigung

Besonders in Betrieben mit Werkstattfertigung, wie etwa im Stahl- und Metallbau oder bei Schreinereien, werden rund 80% der Wertschöpfung innerhalb der Werkstatt erbracht – das heißt, bevor eine sichtbare Leistung auf der Baustelle des Auftraggebers erfolgt. Auch der Materialeinkauf, der für diese Arbeiten notwendig ist, wird dabei häufig nicht in die Bewertung der halbfertigen Arbeiten einbezogen, obwohl dieser Teil einen wesentlichen Wertfaktor darstellt.

Zusätzliche Herausforderungen bei der Bewertung halbfertiger Arbeiten

Zusätzliche Herausforderungen bei der Bewertung halbfertiger Arbeiten

In vielen Bauverträgen wird während der Bauzeit zudem nicht die volle erbrachte Leistung ausgezahlt; oft wird vertraglich vereinbart, dass lediglich ein reduzierter Prozentsatz zur Auszahlung kommt. Dies bedeutet, dass auch hier nicht der vollständige Leistungswert, der die halbfertigen Arbeiten abbildet, wiedergegeben wird.

Als Konsequenz ist davon auszugehen, dass sich durch diese Bewertungsmethodik signifikante stille Reserven ergeben können, da der tatsächliche Wert der halbfertigen Arbeiten oft tendenziell zu niedrig angesetzt wird. Dies führt wiederum zu weiteren potenziellen Problemen, die durch diese vereinfachte Herangehensweise an die Bewertung der Unternehmensleistung nicht korrekt erfasst werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Einbeziehung der Rechnungen von Nachunternehmern, die Teilaufträge übernommen haben. Diese Nachunternehmerleistungen fließen oft nicht in die Bewertung der halbfertigen Arbeiten ein, obwohl auch hier im Einzelfall erhebliche Abweichungen auftreten können.

Zusätzliche Herausforderungen bei der Bewertung halbfertiger Arbeiten

In vielen Bauverträgen wird während der Bauzeit zudem nicht die volle erbrachte Leistung ausgezahlt; oft wird vertraglich vereinbart, dass lediglich ein reduzierter Prozentsatz zur Auszahlung kommt. Dies bedeutet, dass auch hier nicht der vollständige Leistungswert, der die halbfertigen Arbeiten abbildet, wiedergegeben wird.

Als Konsequenz ist davon auszugehen, dass sich durch diese Bewertungsmethodik signifikante stille Reserven ergeben können, da der tatsächliche Wert der halbfertigen Arbeiten oft tendenziell zu niedrig angesetzt wird. Dies führt wiederum zu weiteren potenziellen Problemen, die durch diese vereinfachte Herangehensweise an die Bewertung der Unternehmensleistung nicht korrekt erfasst werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Einbeziehung der Rechnungen von Nachunternehmern, die Teilaufträge übernommen haben. Diese Nachunternehmerleistungen fließen oft nicht in die Bewertung der halbfertigen Arbeiten ein, obwohl auch hier im Einzelfall erhebliche Abweichungen auftreten können.

Schlussfolgerung zur Bewertung halbfertiger Arbeiten

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass allein die Vielzahl der angesprochenen Problempunkte verdeutlicht, dass eine betriebswirtschaftlich fundierte Beurteilung der tatsächlichen Leistungsfähigkeit eines Unternehmens mit dieser vereinfachten Bewertungsmethode für halbfertige Arbeiten nicht zufriedenstellend möglich ist. Eine umfassendere Bewertung ist notwendig, um den tatsächlichen Wert der im Bauprozess erbrachten Leistungen, einschließlich aller halbfertigen Arbeiten, zutreffend darzustellen.

Hilfskonstruktionen zur Bewertung halbfertiger Arbeiten

Hilfskonstruktion 2: Gestellte Abschläge = Unfertige Leistung

Ein alternativer Ansatz besteht darin, die gestellten Abschlagsrechnungen als unfertige Leistung zu erfassen. Dadurch wird das Problem des „zufälligen Zahlungseingangs“ durch den Auftraggeber umgangen, und die aus Sicht des Unternehmers an der Baustelle erbrachte Leistung präziser abgebildet.

Vermeidung des Problems „zufälliger Zahlungseingang“

Da der „zufällige Zahlungseingang“ hierbei keine Rolle spielt, spiegelt dieser Ansatz den Leistungsstand des Unternehmens oft genauer wider. Es werden jedoch weiterhin Herausforderungen bei der Abgrenzung von Material- und Nachunternehmerleistungen nicht vollständig gelöst. Darüber hinaus entstehen zusätzliche Probleme, da fast alle Baustellen mit Leistungsänderungen oder Zusatzleistungen konfrontiert sind.

Halbfertige arbeiten

Probleme bei Leistungsänderungen und Zusatzvergütung

Unternehmen haben bei Änderungen Anspruch auf zusätzliche Vergütung, die oft über Stundenlohnvereinbarungen oder Nachtragsforderungen geregelt wird. Diese Nachträge werden jedoch häufig entweder gar nicht oder erst verzögert vom Auftraggeber anerkannt, was die Frage aufwirft, ob diese Leistungen werthaltig sind. In der betrieblichen Praxis kommt es zudem häufig zu Rechnungskürzungen, da Auftraggeber zu hohe Ansätze in den Nachträgen oder Stundenlohnarbeiten vermuten, die sie als bereits in den beauftragten Leistungsumfang integriert betrachten. Diese Abzüge haben einen Einfluss auf die Werthaltigkeit der erfassten halbfertigen Arbeiten, die sich nach den gestellten Abschlagsrechnungen richtet.

Bilanzierung und Probleme der Aktivierung nicht aktivierungsfähiger Kosten

Ein weiterer Punkt ist die Aktivierung von nicht aktivierungsfähigen Kosten nach HGB, wenn der Leistungsstand bewertet wird. So können beispielsweise auch anteilige Vertriebskosten in die Bewertung der halbfertigen Arbeiten einfließen, was zu Verzerrungen führen kann.

Zwischenergebnis zu den Bewertungsmethoden halbfertiger Arbeiten

Ob und inwieweit diese pauschalen Bewertungsmethoden zu einem korrekten Ergebnis führen, ist stark abhängig von zahlreichen externen Faktoren, die mit dieser vereinfachten Methode nicht adäquat erfasst werden können. Die obigen Methoden können daher kaum ein realistisches Abbild der Unternehmensleistung darstellen.

Ansätze zur Leistungsermittlung und Bewertung

Die Berechnungen zur Leistungsermittlung variieren stark zwischen Unternehmen. Grundsätzlich besteht der Endpreis einer Leistung jedoch aus Einzelkosten, anteiligen unechten Einzelkosten, Gemeinkosten und einem Aufschlag für Wagnis und Gewinn. Beispiele für echte Einzelkosten sind Materialkosten, Nachunternehmerleistungen oder bewertete Lohnleistungen pro Einheit. Zu den unechten Einzelkosten zählen Aufschläge für die Maschinenabschreibung während des Produktionsprozesses, und typische Gemeinkosten umfassen Verwaltung und Vertrieb.

Einheitliche Zuschläge können jedoch schwierig festzulegen sein. Bei der Kalkulation kann es beispielsweise passieren, dass Materialkosten oder Nachunternehmerleistungen unterschätzt werden, was in bestimmten Bereichen zu Verlusten führt, selbst wenn der Gesamtauftrag profitabel ist.

Nachträge und ihre Problematik in der Leistungsbewertung

Ein großes Problem bei der Bewertung halbfertiger Arbeiten ist die Berücksichtigung von Nachträgen. Bauverträge verändern sich oft über die Zeit, was durch zusätzliche Anforderungen und unvorhergesehene Bauprobleme verursacht wird. Diese Veränderungen müssen vertraglich festgelegt und bewertet werden, oft über Stundenlohnarbeiten oder Nachtragsvereinbarungen.

Es gibt vier typische Gruppen von Nachträgen:

Beauftragte Nachträge: Es besteht Einigkeit über Leistungsumfang und Vergütung.
Dem Grunde, aber nicht der Höhe nach beauftragte Nachträge: Beide Parteien stimmen dem Bedarf zu, sind jedoch uneins über die Vergütungshöhe.
Nicht beauftragte Nachträge: Der Auftraggeber hat die Leistung nicht anerkannt, was Konflikte auslösen kann.
Nicht beauftragte, aber bezahlte Nachträge: Die Zahlung suggeriert Anerkennung, die jedoch später infrage gestellt werden könnte.
Abgrenzung und Herausforderung der Verlustfreiheit

Die richtige Leistungserfassung ist eine weitere Herausforderung, da potenzielle Verluste und nicht bezahlte Nachträge oft nur schwer vorhersehbar sind. Ein Risikoindikator sind nicht genehmigte Nachträge, die Kosten aufseiten des Unternehmens erhöhen können. Auch Verzögerungen oder Unstimmigkeiten mit Auftraggebern können zu erhöhten Kosten führen, die die Werthaltigkeit der halbfertigen Arbeiten mindern.

Probleme bei der Kostenträgerrechnung

Die Verrechnungssätze beruhen oft auf Annahmen, wie beispielsweise Krankenstand und Produktivität, die in der Kalkulation berücksichtigt werden müssen. Unterschiede in den zugrunde gelegten Jahresarbeitszeiten und branchentypischen Beschäftigungsschwankungen erschweren zudem eine präzise Erfassung.

Lösungen zur besseren Bewertung halbfertiger Arbeiten

Es ist ratsam, die Berechnungen und Annahmen in den Verrechnungssätzen offen darzulegen. Die Kostenträgerrechnungsergebnisse sollten zudem mit dem Bilanzergebnis übereinstimmen. Nur wenige kleinere Unternehmen verfügen jedoch über eine präzise Kostenträgerrechnung. Für eine korrekte Leistungserfassung und Abgrenzung sollten daher die Werte der Kalkulation aktualisiert und bei Nachträgen entsprechend angepasst werden.

Durch die Ermittlung des Fertigstellungsgrads lassen sich dann anteilige Kosten und Leistungen zum Stichtag feststellen, und Buchhaltungskosten können als Indikator für Leistungsstand und mögliche Kostenüberschreitungen genutzt werden.

Fazit

In der Praxis wird häufig versucht, bei der Bewertung halbfertiger Arbeiten über die Abschläge Hilfswerte zu finden. Allerdings zeigen diese Methoden erhebliche Nachteile in der Beurteilung der betriebswirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von KMU in der Bauwirtschaft.

Profilfoto Werner Broeckmann, KMU-Berater
KMU-Berater Werner Broeckmann, Leiter Fachgruppe Bauwirtschaft